Die Welt im Computer

Zwischen Mediokratie und dem Betrug der Medien am Menschen: Sind Sie bereit für ein bisschen Mediengeschichte? 

Was machen Medien eigentlich mit dem Menschen? Antworten auf Fragen wie diese sucht der Autor Klaus Wolschner  auf seiner Website zur „Geschichte und Theorie von Medien und Gesellschaft“. Seine These: Kommunikationsmedien beeinflussen den Menschen als Wesen und das System der Gesellschaft allumfassend und radikal. Sie prägen die Wahrnehmung, erzeugen neue Möglichkeiten der Interaktion, gestalten aktiv den politischen Prozess (er etabliert den Begriff „Mediokratie“) und fungieren als „extentions of man“ – also der Erweiterung der menschlichen Sinne.

Geschichtlich unterteilt er die Kommunikationsmedien grob in drei Epochen:
Das erste Kommunikationsmittel, das den Menschen radikal veränderte, sei die orale Sprache. Danach käme die literale Sprache der Schrift seit dem Buchdruck als „Medium der Vernunft“. An diesem Beispiel verdeutlicht er, dass die Bedeutung des Mediums als Umbruchelement erst Rückblickend mehrere Jahrhunderte später zu spüren seien, nachdem sie bestimmte Ereignisse ausgelöst haben. So entmachtete die Erfindung des Buchdrucks gleich einmal die katholische Kirche als Hauptbezugsinstanz der gesamten mittelalterlichen Gesellschaft und nimmt damit eine hohe Bedeutung in der Entwicklung der Gesellschaft ein, indem sie diese in einen revolutionären Umbruch begleitete.

Damit ist wohl die Grobheit seiner Einteilung zu erklären: die Funktion der elektronischen Medien als Einleitung einer radikalen gesellschaftlichen Neugestaltung (also einer dritten, der aktuell bestehenden Epoche) dürfte außer Frage stehen. Doch Prognosen zur herausragenden Bedeutung einzelner Entwicklungen dürften aufgrund der immensen Vielfalt bestehender Technologien schwierig sein.
Eine der bedeutendsten Innovationen ist sicherlich der Computer, der in den Achtziger Jahren seinen Einzug in private Haushalte fand. Wolschner schreibt dem Computer sogar bereits eine eigene Welt zu. Heute, sagt er, befindet sich unsere Welt im Computer. Dies muss man natürlich im übertragenen Sinn sehen. Wir sitzen uns noch real gegenüber – doch der Computer spielt in unserem Alltag eine so einnehmende Rolle, dass er nicht mehr weg zu denken ist. Beinahe jede Handlung ist mit ihm verknüpft. Denken Sie einmal darüber nach: wie viele Ihrer Handlungen sind mit der „Welt des Computers“ verwoben?

Dies führt zu weitreichenden Problemen. Durch die Fixierung auf eine Parallelwelt muss die „reale“ Welt Einbußen einstecken. So würde, laut dem Medienwissenschaftler, die Komplexität der Welt und Gefühle in ihr reduziert. Dadurch könne der Mensch seine Sinne in ihrem Potential nicht voll ausschöpfen. Wolschner formuliert dies als einen „historischen Betrug der Medien am Menschen“.

Der Computer in der Welt

Wolschners Wissenschaft ist so objektiv wie pessimistisch. Das Aufkommen der Medien für den Medien prangert er anfangs als Errungenschaft für die Menschheit an. Die orale Sprache macht Kommunikation möglich, die literale Sprache bricht mit einem ganzen Gesellschaftssystem.
Doch im Laufe seiner Analyse macht es den Anschein, als werde der Autor plötzlich konservativ: die neuesten Entwicklungen scheint er nicht zu begrüßen. Die Medien seien kein Teil unserer Gesellschaft mehr, sondern unsere Gesellschaft sei ein Teil der Medien. Beispielhaft führt er den Verlust von Gefühlen durch Nutzung von Technik an. Interessant wäre ein Beleg. Ist es nicht so, dass Gefühle sogar medial eingesetzt werden, zum Beispiel in der Werbung? Bilder transportieren Eindrücke und Gefühle. Die Realität wird im Internet durch geballte Information in ihrer vollkommenen Vielfalt aufgezeigt – dies macht doch die Komplexität der Welt erst richtig greifbar. Und wenn nicht, dann lässt das Internet dadurch, dass man nun über alle nur möglichen Informationen verfügen kann, die Welt eher noch komplexer wirken. Damit wären die Neuen Medien kein Betrug mehr, sondern eine Hilfe. Die Parallelwelt, von der Wolschner spricht, existiert nur auf Grundlage der Realwelt. In der „Parallelwelt“ Internet werden reale Informationen aufgearbeitet und für die gesamte Gesellschaft leicht zugänglich gemacht. So werden Social Media zur Mobilisierung von Massen genutzt, Maliverkehr erleichtert den Datentransfer zwischen Staaten und das World Wide Web dient der schnellen Verbreitung relevanter Nachrichten.
Die Medien betrügen den Menschen nicht. Sie nutzen ihm. Oder besser gesagt: er nutzt sie.

Mandy Lüssenhop

Dieser Artikel wurde in keiner kommerziellen Zeitschrift publiziert.

Textquellen: Medien-Gesellschaft

Bildquelle Titelbild: Ein Laptop, Pixabay (CC)

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